Das Denkmal
im Heidedorf Schwalingen
Friedrich Wilhelm Schröder
* 7.Februar 1895
23.Februar 1917
Anbauer “Feldmann”, Schwalingen No.8
Schwalingen im August 1914.
Vorgeschichte
Heinrich Christoph Wilhelm Schröder *1868 war damals gerade 19 Jahre alt,
als er und Maria Sophie Dorothea (Doris) Witte, 22 Jahre alt, im Oktober 1887
heirateten. Sie ist Haustochter vom Schwalinger Halbhof "Cohrs" und das
einzige Kind von Johann Christoph Witte und seiner Ehefrau Anna Margarethe,
geborene Röhrs.
Das erste Kind des jungen Ehepaares Schröder kommt schon 1 Monat später,
im November 1887 zur Welt. Die junge Familie lebt auf der ererbten
Pflugkathstelle von Heinrich Christoph Wilhelm Schröder in Tewel.
Nur knapp drei Jahre später, im Sommer des Jahres 1890, stirbt Halbhöfner
Johann Christoph Witte in Schwalingen. Seinen "Cohrs-Hof" erbt sein einziges
Kind, Maria Sophie Dorothea (Doris), verheiratet mit dem Pflugköthner
Heinrich Christoph Wilhelm Schröder zu Tewel. Die Familie zieht nach
Schwalingen, auf den großen "Cohrs-Hof", Schwalingen No.6.
In dieser Zeit ist Heinrich Christoph Wilhelm Schröder ein viel beschäftigter
Musiker in der weithin bekannten Musikkapelle der Gebrüder Borstelmann,
Neuenkirchen. Kollegen in der Kapelle sind auch weitere Schwalinger - August
Wilhelm Gebers vom Halbhof "Lümas", Schwalingen No.13, und die
Zwillingsbrüder Wilhelm und Christoph Gebers vom Halbhof "Reuers",
Schwalingen No.7, dem Nachbarhof des Halbhofes "Cohrs", auf dem Heinrich
Christoph Wilhelm Schröder nun mit seiner Familie lebt und wirtschaftet.
Als in der Familie Schröder Sohn Friedrich Wilhelm im Februar 1895
geboren wird, steht seine Wiege nicht auf dem "Cohrs-Hof": Schon bald nach der
Übernahme im Jahre 1890 musste der Halbhof verkauft werden. Die Familie lebt
nun auf der kleinen Anbauerstelle "Feldmann", Schwalingen No.8, dem
ehemaligen Häuslingshaus des Vollhofes "Schnier", nur wenige Schritte vom
"Cohrs-Hof" entfernt, auf der anderen Seite der Dorfstraße nach Delmsen.
Käufer und neuer Eigentümer des Halbhofes "Cohrs" ist Heinrich Christoph
Wilhelm Schröders Musikerkollege Christoph Gebers *1849, Haussohn vom
nachbarlichen Halbhof "Reuers", zu dem auch eine Gastwirtschaft gehört.
Krieg
Friedrich Wilhelm Schröder ist nach den preußischen Gesetzen schon
seit zwei Jahren wehrdienstpflichtig, als Kaiser Wilhelm II. am 1.August 1914 die
Mobilmachung des deutschen Heeres und der Marine befiehlt. Der Krieg der
verbündeten Kaiserreiche Österreich und Deutschland gegen die Kaiserreiche
Russland und Frankreich, der 1.Weltkrieg hat begonnen.
Bisher war Friedrich Wilhelm Schröder noch nicht zur Rekrutenausbildung
eingezogen worden. Nun aber wird er als "militärisch nicht ausgebildeter
Landsturmpflichtiger" vom Mobilmachungsbefehl des Kaiser erfasst: "Alle
Wehrpflichtigen des Deutschen Reiches, welche in den Jahren 1870 bis 1897
einschließlich geboren sind, werden aufgefordert, sich spätestens am
8.Landsturmtag bei der Ortsbehörde ihres Aufenthaltsortes zur Landsturmrolle
anzumelden". Bis zum 16.August 1914 muss sich Friedrich Wilhelm Schröder
nun beim Schwalinger Gemeindevorsteher Wilhelm Witte auf dem "Schün-Hof"
melden, um sich in die Landsturmrolle eintragen zu lassen.
Schon bald darauf erhält Friedrich Wilhelm Schröder seinen Gestellungs-
befehl, er ist 19 Jahre alt. In dem neu aufgestellten Reserve-Infanterie-Regiment
No.260 der 78. Reserve-Dision ist er der Maschinengewehr-Kompagnie
zugeteilt. Die Division wird im Dezember 1914 in Alten-Grabow zur Ausbildung
zusammengezogen, ein Truppenübungsplatz zwischen Berlin und Magdeburg bei
Möckern. Friedrich Wilhelm Schröder wird zum Maschinengewehrschützen
ausgebildet .
In diesem Reserve-Infanterie-Regiment No.260 dient zu dieser Zeit auch der
Schwalinger Lehrer und Leutnant der Reserve Karl Hermann Badenhoop (siehe
sein Schicksal... mehr...)
Schon Ende Januar 1915 wird das Reserve-Infanterie-Regiment No.260 mit
Friedrich Wilhelm Schröder als Teil der 10.Armee an die Ostfront nach
Ostpreußen verlegt, an die russische Front. Im Februar 1915 nimmt das
Regiment an der für die deutschen Truppen siegreichen "Winterschlacht in
Masuren" teil. Die russischen Truppen verlassen die bis dahin besetzten Teile
Ostpreußens und ziehen sich auf russisches Gebiet zurück.
In den folgenden Wochen wird das Reserve-Infanterie-Regiment No.260 mit
Friedrich Wilhelm Schröder zur Sicherung des eroberten russischen
Grenzgebietes eingesetzt - bis Ende April 1915 der Befehl zum Vormarsch nach
Nordosten, in Richtung des in dieser Zeit zu Russland gehörenden Lithauen und
weiter nach Kurland erteilt wird.
Im Herbst 1915 ist dem Reserve-Infanterie-Regiment No.260 ein
Frontabschnitt vor der Festung Dünaburg in Lithauen zugewiesen. Hier wird
Friedrich Wilhelm Schröder im Gefecht leicht verwundet. Bis Ende des Jahres
1916 ändert sich der Frontverlauf und der Einsatzbefehl des Regimentes nicht.
Als Friedrich Wilhelm Schröder nach seiner Genesung von der Verwundung
Ende des Jahres 1916 wieder "kriegsverwendungsfähig" ist, wird er zu einer
anderen Einheit versetzt - als Maschinengewehrschütze in die
3.Maschinengwehr-Kompagnie des Infanterie-Regimentes Herzog Friedrich
Wilhelm von Braunschweig No.78, III.Bataillon.
Nach einem weiteren Einsatz an der russischen Front zur Unterstützung der
österreichischen Heeres, wird das Infanterie-Regiment Nr.78 in der
19.Infanterie Division an die Westfront verlegt, nach Frankreich.
Das durch die Kämpfe an der Ostfront stark geschwächte Infanterie-
Regiment No.78 wird während der Wintermonate Dezember 1916 bis Februar
1917 im Elsass wieder mit Soldaten und Waffen aufgefülllt, die Mannschaften
erhalten Erholung und Ausbildung. Es ist die Zeit, in der sich auch Friedrich
Wilhelm Schröder in seine neue Einheit einlebt.
Gegen Ende Februar 1917 erhält die 19.Infanterie Division mit dem
Infanterie-Regiment No.78 und Friedrich Wilhelm Schröder den Befehl zum
nächsten Fronteinsatz. Sie kommt an die Front in der Champagne, an den
Frontabschnitt bei Ripont, etwa in der Mitte zwischen Reims und Verdun.
Hier bei den Höhen südlich von Ripont hatten die deutschen Truppen am
15.Februar 1917 in einem Sturmangriff stark befestigte Stellungen und
Grabensysteme des französischen Gegners überwunden. Zur Sicherung des
erreichten Geländegewinns rücken nun die Regimenter der 19.Infanterie
Division in die Frontstellungen ein. Auch das Infanterie-Regiment No.78 mit
Friedrich Wilhelm Schröder bezieht am 20.Februar 1917 hier die zugewiesenen
Stellungen südlich von Ripont.
Am Abend des 23.Februar 1917 greifen französische Truppen die deutschen
Stellungen in der am 15.Februar gewonnenen Frontlinie mit großen Aufgebot an
Artillerie und Infanterie an. Bei der Abwehr dieser Angriffe wird der Schütze
Friedrich Wilhelm Schröder getötet, 2 Wochen nach seinem 22.Geburtstag.
Seine Kameraden beerdigen Friedrich Wilhelm Schröder auf dem deutschen
Militärfriedhof von Falaise, nördlich von Ripont.
Nachgeschichte
Im Jahre 1917 legen deutsche Soldaten einen Militärfriedhof bei Falaise auf
einer Viehweide an und errichten dort auch eine kleine Kapelle. Auf dem
Friedhof werden etwa 150 deutsche Soldaten beigesetzt, die in den Kämpfen um
die Höhen südlich von Ripont im Februar 1917 gefallen sind.
Als der Militärfriedhof Falaise Ende der 1920er Jahre entwidmete wird,
werden die Soldaten auf den Soldatenfriedhof Chestres umgebettet. Der
ehemalige Friedhof wird wieder Viehweide. Die deutsche Kapelle aber bleibt
bestehen. Sie verfällt zwar, aber wird nicht zerstört, niemand kümmert sich, von
der Natur überwuchert, vergessen - nahezu 100 Jahre lang.
Das vor wenigen Jahren wieder erwachte Interesse und die Initiative der
Bürger von Falaise bewahrte die deutsche Militärkapelle vor dem endgültigen
Untergang: Seit dem Jahr 2010 wird sie mit nicht nachlassendem privatem
Engagement französischer und deutscher Bürger vollständig restauriert.
Im Innern der Kapelle von Falaise befinden sich an einer Wand Steinplatten,
auf denen im Jahre 1917 bei der Errichtung der Kapelle zum Gedenken an die
Gefallenen die Namen der hier bestatteten deutschen Soldaten eingraviert
wurden. Auf einer dieser Steinplatten ist zu lesen:
SCHÜTZE WILH.SCHRÖDER 3MGK-IR 78
07.02.1895 SCHWALINGEN 23.02.1917 RIPONT
Der Name von Friedrich Wilhelm Schröder findet sich auf keiner der
Schwalinger Gedenk- oder Ehrentafeln für die Gefallenen des 1.Weltkrieges.
Auch er stammt aus der Mitte des Dorfes, wurde in den Krieg befohlen und
kehrte nicht zurück.
Deutsche Verlustliste Dezember 1915
Der Halbhof “Cohrs” zu Schwalingen No.6 um 1900
Die Musikkapelle der Gebrüder Borstelmann
in den 1880er Jahren.
Heinrich Christoph Wilhelm Schröder,
der Vater von Friedrich Wilhelm Schröder
Deutsche Verlustliste März 1917
im Jahr 1917: Die Kapelle auf dem deutschen Soldatenfriedhof von Falaise
und die Gedanktafeln mit den Namen der bei Ripont Gefallenen.