Das Denkmal
im Heidedorf Schwalingen
Ernst August Böhling
* 8.Juni 1889
6.Oktober 1914
Anbauer “Bääk-Hus”, Schwalingen No.48
Schwalingen im August 1914.
Vorgeschichte
Hinrich Wilhelm Böhling ist gerade 3 Jahre alt, als sein Vater Peter
Christoph Böhling *1828 im Jahre 1862 dem Schwalinger Neubauern Johann
Peter Behnemann seine Neubauerstelle "Ramaker" zu Schwalingen No.28
abkauft. Peter Christoph Böhling ist nachborener Sohn vom Schwalinger
Brinkköthner "Menken", Schwalingen No.39, und handelt neben seiner
Landwirtschaft auch mit Pferden, wie schon sein Vater Hans Peter Böhling auf
dem "Menken"-Hof.
Im Mai des Jahres 1969 brennen Wohnhaus und Scheune der Familie
Böhling auf der Neubauerstelle "Ramaker" vollständig nieder. Ein Blitzschlag
hatte sie entzündet (siehe die Brandakte ... mehr....) Die Versicherungssumme macht
es möglich, dass die Gebäude schon bald wieder errichtet werden können.
Aber das Schicksal hält weiteres Unglück für die Familie Böhling auf dem
"Ramaker"-Hof bereit: Der Pferdehandel ist ein schwieriges, riskantes Geschäft,
Peter Christoph Böhling übernimmt sich. Im April 1875 verkauft er seine
Neubauerstelle an Christian Lünsmann aus Hemslingen. Aus dem Erlös bezahlt
er seine Schulden. Dann zieht er mit seiner Familie als Häusling in das alte
Nebenhaus des früheren Halbhofes "Johms" am Schwalinger Bach, das die
Schwalinger "Bääk-Hus" nennen, Schwalingen No.48.
Der Halbhof "Johm" wurde im Jahre 1874 aufgelöst und zersplittert. Das zu
seinem Besitz gehörende "Bääk-Hus" erwarb Hans Hinrich von Fintel, ein
nachgeborener Sohn vom Schwalinger Vollhof "Böhlen". Er ist nun Peter
Christoph Böhlings Vermieter.
14 Jahre später, im Januar 1889, stirbt Peter Christoph Böhling als Häusling
im "Bääk-Hus", 67 Jahre alt.
Sein Sohn Hinrich Wilhelm Böhling *1859 heiratet im Mai desselben Jahres
1889 und übernimmt die Häuslingsstelle "Bääk-Hus". Im folgenden Monat, im
Juni 1889 kommt hier seine 20jährige unverehelichte Schwester Emma mit
einem Knaben nieder, Ernst August Böhling.
Hans Hinrich von Fintel, der Eigentümer des "Bääk-Hus", beschließt, mit
seiner Familie nach Amerika auszuwandern. Hinrich Wilhelm Böhling ergreift
die Gelegenheit und kauft ihm die Hofstelle im Frühjahr 1891 ab. Kurz darauf
macht er sich mit dem “Bääk-Hus” zu Schwalingen 48 als Anbauer selbstständig.
Im Krieg
Als im August 1914 der Krieg ausbricht, ist Ernst August Böhling, der
Neffe von Anbauer Hinrich Wilhelm Böhling, 25 Jahre alt. Am 3.August 1914
erfährt er aus der "Böhme-Zeitung", dass Kaiser Wilhelm II. die Mobilisierung
des Heeres und der Marine befohlen hat. Alle Wehrdienstpflichtigen werden
aufgefordert, sich innerhalb weniger Tage in die Landsturmrolle beim
Gemeindevorsteher ihres Dorfes eintragen zu lassen: Das Deutsche Kaiserreich
hat als Verbündeter des Kaiserreiches Österreich dem Kaiserreich Russland und
dem Kaiserreich Frankreich den Krieg erklärt.
Schon am 8.August 1914 befindet sich Ernst August Böhling als Musketier
bei der 6.Kompagnie des 2.Hannoverschen Infanterie-Regimentes Nr.77 im
Lager des Truppenübungsplatzes Elsenborn südlich von Aachen, nahe der
belgischen Grenze. Am 11.August 1914 marschiert er mit seinem Regiment als
Teil der 20.Infanterie-Division im X.Armee-Korps der 2.Armee des deutschen
Heeres in das neutrale Belgien ein. Das Königreich England erklärt dem
deutschen Kaiserreich daraufhin den Krieg.
Es ist der Plan der deutschen Heeresleitung, mit ihren 7 Armeen in einer
einzigen großen Bewegungsschlacht, das französische Heer vernichtend zu
schlagen, der "Schlieffen-Plan". Die Mannschaften des deutschen Heeres sind
daher überwiegend zuversichtlich, "schon zu Weihnachten 1914 siegreich wieder
Zuhause" zu sein.
Bis Anfang September 1914 haben die deutschen Armeen Belgien durquert
und stehen in Nordfrankreich. Das Infanterie-Regiment Nr.77 mit Ernst August
Böhling bewegt sich dabei auf dem im "Schlieffen-Plan" für die 2.Armee im
Vormarsch vorgesehen Bogen über Lüttich, Charleroi in Belgien und weiter auf
französischem Gebiet nach Guise und St.Quentin.
In der 2.Woche des September 1914 ist die Frontlinie des deutschen Angriffs
bis östlich Paris vorgeschoben. Hier, südlich des Flusses Marne haben sich die
bisher zurück gewichenen französischen Armeen mit Unterstützung des
englischen Expiditionsheeres zum Wiederstand neu formiert. Es kommt zur
"Schlacht an der Marne". Die 20.Infanterie-Division mit dem Infanterie-
Regiment Nr.77 und Ernst August Böhling steht in der vordersten Front bei
Mondement, ihm gegenüber französisch-marokkanische Einheiten.
Das deutsche Heer ist zwar den Zahlen nach an Truppen und Material den
französischen/englischen Armeen überlegen. Aber die seit Kriegsbeginn enorme
Marschleistung in äußerst kurzer Zeit haben Menschen und Material des
deutschen Heeres erschöpft. Die Versorgungslinien für Lebensmittel und
Munition können den Bedarf an Nachschub nicht mehr leisten, die
Entfernungen sind zu schnell zu groß geworden.
Als die deutsche Heeresleitung in dieser Lage schließlich auch noch erkennt,
dass ein bereits anlaufender Angriff des Gegners die nur schwach besetzte
Frontlinie an der Nahtstelle zwischen der 1. und der 2.Armee durchbrechen
könnte, ordnet sie am 8.September 1914 zunächst den Rückzug der 2.Armee an,
dann die Rücknahme der gesamten deutschen Front, die "Schlacht an der
Marne" ist verloren.
Im kämpfenden Rückzug weicht auch die 20.Infanterie-Division mit dem
Infanterie-Regiment Nr.77 und Ernst August Böhling in den nächsten Tagen
zurück nach Norden, Richtung Reims - hinter dem Fluß Aisne nördlich von
Reims soll die neue deutsche Front als Verteidigungslinie gegen die verfolgenden
französischen/englischen Gegner aufgebaut werden - der Beginn des
Stellungskrieges.
Am 17./18.September 1914 erreichen die Divisionen der 2.deutschen Armee
im Zurückweichen den Raum um Reims. Die 20.Infanterie-Division bezieht hier
mit ihren Regimenter Stellungen östlich der Stadt, bei Pompette.
In den Gefechten dieser Tage wird der Musketier Ernst August Böhling
schwer verwundet. Er kommt in das Feldlazarett Nr.5 des X.Armee-Korps der
2.Armee, nach Pontgivart, wenige Kilometer nördlich von Reims. Hier stirbt er
am 4.Oktber 1914 an seinen Wunden. Er wurde 25 Jahre alt.
Deutsche Verlustliste September 1915
Die Anbauerstelle “Bääk-Hus”, Schwalingen No.48, um 1900
Beginn des Vormarsches des deutschen Heeres, August 1914
Die 20.Infanterie-Division
in der “Schlacht an der Marne”,
Mitte September 1914
Die 20.Infanterie-Division
in der Rückzugsfront bei Reims,
das Feldlazaretts Nr.5 in Pontgivart
Ende September 1914