Schwalingen im Juni 1915.
Vorgeschichte
Gleich zu Beginn des Jahres 1912 erfüllt sich ein lange gehegter Plan von
Heinrich Christoph Otto Steinke aus Timmerloh: Sich mit einer eigenen
Hofstelle selbständig machen. Am 4.Januar 1912 kauft er die Schwalinger
Neubauerstelle No.33. 3 Monate später, am 1.April 1912 nimmt er sie in Besitz.
Er ist 30 Jahre alt und noch unverheiratet. (Siehe Hofgeschichte der Neubauerstelle
Steinke... mehr...)
Drei Wochen nach dem Einzug auf seiner neuen Hofstelle, Ende April 1912,
gründet Heinrich Christoph Otto Steinke seine eigene Familie: Er heiratet
Catharina Minna Ida Schröder aus Söhlingen. Zur "Familie" gehört auch der
65jährige Johann Hinrich von Fintel, der frühere Eigentümer des Neubauer-
stelle. Ihm hat Hinrich Christoph Otto Steinke beim Kauf der Hofstelle ein
Altenteil eingeräumt.
Seit dem Jahr 1898 ist Heinrich Christoph Otto Steinke nach den
preußischen Gesetzen militärdienstpflichtig. Aber zu der üblichen militärischen
Ausbildung in der Rekrutenzeit wurde er bisher nicht herangezogen. Im
Frühjahr des Jahres 1914 wird Heinrich Christoph Otto Steinke bei der
regelmäßigen Musterung von der preußischen Militärkommission aus der
Infanterie-Ersatz-Reserve ausgemustert und dem Landsturm zugeordnet. Er ist
32 Jahre alt.
Im Mai 1914 wird auf dem "Steinke-Hof" Tochter Ida Olga geboren. Drei
Monate später befiehlt Kaiser Wilhelm II. am 1.August 1914 die Mobilmachung
des deutschen Heeres und der Marine - das Deutsche Reich hat dem Kaiserreich
Russland und dem Kaiserreich Frankreich den Krieg erklärt. Das Königreich
England erklärt bald darauf dem Kaiserreich Deutschland den Krieg.
Dem Mobilmachungsbefehl gemäß meldet sich Heinrich Christoph Otto
Steinke als nichtausgebildeter Landsturmpflichtiger bei dem Schwalinger
Gemeindebürgermeister Wilhelm Witte, Schün-Hof, um sich in die
Landsturmrolle eintragen zulassen.
Im Herbst 1914 wird Heinrich Christoph Otto Steinke erneut zur Musterung
befohlen. Der Kriegszustand hat die Musterungskriterien verändert: Er wird
wieder der Infanterie zugeteilt und kann daher von nun an jederzeit zum
Kriegsdienst eingezogen werden.
Mitte 1915, 10 Monate nach Kriegsbeginn, haben sich die Erwartungen eines
schnellen Sieges der deutschen Truppen über den russischen Gegner im Osten
und den französischen/englischen Gegner im Westen nicht erfüllt. Die Fronten
sind überall im Stellungskrieg verhärtet. Ungezählt viele Soldaten sind
inzwischen gefallen. Auch in Schwalingen beklagen schon mehrere Familien ihre
gefallenen Söhne, Brüder, die aus ihrer Mitte in den Krieg befohlen wurden und
nicht mehr zurückkehren werden.
Am 16.Juni 1915, wenige Tage vor seinem 34.Geburtstag, befiehlt der
Gestellungsbefehl auch Heinrich Christoph Otto Steinke zu den Waffen. Schon
am nächsten Tag hat er sich bei der Einberufungskommission in Celle zu stellen.
Hastig werden in der Familie Steinke Absprachen getroffen, wie es mit der
Bewirtschaftung der Neubauerstelle für die nächste Zeit ohne Heinrich
Christoph Otto Steinke weiter gehen kann - niemand kann wissen, für wie lange.
Altenteiler Johann Hinrich von Fintel ist 68 Jahre alt, aber rüstig und bereit, zu
helfen. Dann ist Heinrich Christoph Otto Steinke schon fort. Tochter Olga ist
gerade 1 Jahr alt geworden. Seine Ehefrau Ida ist im 6.Monat schwanger...
Im Krieg 1915-1916
Ende Oktober 1915 ist die dreimonatige Ausbildung von Heinrich
Christoph Otto Steinke für den Kriegseinsatz in Hannover abgeschlossen. Er
wird als Gemeiner der 12.Kompagnie des Reserve-Infanterie Regimentes Nr.73
in der 19.Reserve-Division zugeteilt. Seine Einheit steht an der Westfront, in der
Champagne, Frankreich.
An der Westfront.
Im September 1915 wird Heinrich Christoph Otto Steinkes Sohn Otto Karl in
Schwalingen geboren. Er selbst ist an der Front im Oberen Elsass und nimmt an
der "Zweiten Schlacht um Münster" teil. Nach einer kurzen Ruhepause wird das
Reserve-Infanterie Regiment Nr.73 in die elsässischen Vogesen nordwestlich von
Mühlhausen verlegt. Im Dezember und über Weihnachten 1915 steht es hier in
den verlustreichen “Kämpfen um den Hartmannsweilerkopf”, dem wichtigen
Beobachtungspunkt an der Front in den Süd-Vogesen.
In den ersten Monaten des Jahres 1916 beginnen die Vorbereitungen der
deutschen Heeresleitung zur Frühjahrsoffensive 1915 gegen den französischen
Gegner. Auch die 19.Reserve Division mit dem Reserve-Infanterie Regiment
Nr.73 und dem Gemeinen Heinrich Christoph Otto Steinke wird hierzu an einen
neuen Frontabschnitt verlegt. Mit der Bahn geht es Mitte März 1915 an die Front
bei Verdun, wo von Ende März bis Ende Juni 1916 die "Schlacht bei Verdun"
ausgetragen wird.
Das Schlachtfeld ist ein stark ausgebautes System aus Festungen, Stollen
und Schützengräben der französischen Verteidungslinie zum Schutz des südlich
gelegenen Überganges über die Maas bei Verdun. Der Frontabschnitt der
19.Reserve Division liegt unmittelbar beim Fort Douaumont, das bereits im
Besitz deutscher Truppen ist.
Heinrich Christoph Otto Steinke überlebt die verlustreiche "Erstürmung des
Albain-Rückens", die "Erstürmung der Thiaumont-Schlucht", der sogenannten
"Todesschlucht", die Kämpfe um den "Caillettewald" unterhalb des Forts Vaux.
Von Ende März bis Anfang Juli 1916 verliert hier die 19.Reserve Division 262
Offiziere und 11880 Mannschaften.
Heinrich Christoph Otto Steinke überlebt die "Schlacht vor Verdun", aber er
ist verwundet. Im Mai 1916, bei der Bereitstellung des Reserve-Infanterie
Regimentes Nr.73 vor dem Fort Douaumont zu einem erneuten Angriff auf die
französischen Stellungen trifft ihn in einem Schützengraben ein Splitter einer
explodierenden Artilleriegranate in der Kniekehle.
Im Lazarett.
Sanitäter bringen Heinrich Christoph Otto Steinke zunächst zurück ins Fort
Douaumont, dann mit der Bahn weiter ins Kriegslazarett Carignan bei Sedan,
nördlich von Verdun. Der Splitter kann hier aber nicht entfernt werden, ohne
das Knie zu gefährden. Mit dem Lazerettzug wird Heinrich Christoph Otto
Steinke nach Freiburg in Baden verlegt, ins Lazarett Friedrichs-Gymnasium. Bis
zu seiner Entlassung vergehen drei Monate.
Zur Rekonvaleszenz wird Heinrich Christoph Otto Steinke in den Standort
des Ersatzbataillons des Reserve-Infanterie Regimentes Nr.73 versetzt, nach
Hannover. Hier heilt seine Wunde bei leichtem Garnisonsdienst aus. Ende des
Jahres 1916 wird Hinrich Christoph Otto Steinke "KV geschrieben" - er ist wieder
kriegsverwendungsfähig...
weiter im 2.Teil
Otto Steinke hat eine “Lebensbeschreibung” verfasst. Sie ist erhalten geblieben und
überliefert sein Schicksal im 1.Weltkrieg.
Das Denkmal
im Heidedorf Schwalingen
HeinrichChristoph Otto Steinke
* 24.Juni 1881 † 10.Oktober 1978
Neubauer “Steinke”, Schwalingen No.33
Die Neubauerstelle “Steinke” zu Schwalingen No.33
Deutsche Verlustliste, Mai 1916